Grundherren und Lehnsleute

Im Jahre 1191 sind Lehnsleute von Eissen zu registrieren. Es handelt sich dabei um Bauern, die von einem Grundherren Land „geliehen“ (= Lehen) bekommen hatten, um dieses zu beackern. Sie mussten von den Erträgen Ablieferungen in unterschiedlicher Höhe, je nach Vereinbarung, an den Grundherren tätigen.

In diesem Zusammenhang muss auf Fehldeutungen hingewiesen werden, die in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen sind. Wird beispielsweise bei der Vergabe bzw. bei der Verwaltung eines Lehens, eines Bauerngutes also, ein Lehnsmann genannt, so ist sein Vorname aufgeführt und der Ort, in dem er lebt und arbeitet. Wird also, wie es vorkommt, ein Folkmar de Eysen genannt, dann ist damit nur erklärt, dass Folkmar (= Vorname) de (= von) Eysen kommt, dort also lebt, keineswegs bedeutet das „von“ in diesem Zusammenhang, dass Folkmar ein Adliger ist. Die Erklärung dazu ist sehr einfach. Nachnamen gab es in früher Zeit noch nicht. Um Verwechslungen zu vermeiden, fügte man dem Vornamen die Herkunft dieses Mannes an, seinen Wohnort also. Es wäre somit falsch, von einem „Ritter Folkmar von Eysen“ zu sprechen. Das würde den tatsächlichen Fakten nicht gerecht und führt zu Irrtümern.

Verträge nach Meierrecht gewähren Sicherheit

Von Grundherren war eben die Rede. Grundherren waren die Besitzer des Grund und Bodens, der von den Menschen eines Ortes bearbeitet wurde. Dieses bedeutet zugleich, dass den arbeitenden Menschen auf den Äckern und Wiesen vor Ort der Grund und Boden, den sie betreuten, nicht zu eigen war. Sie bekamen ihn nur „geliehen“. In einem Vertrag, der zwischen dem Grundherren und ihnen geschlossen wurde, bekamen sie einen Besitz auf Zeit zur Bearbeitung übereignet. Zumeist liefen diese Verträge über zwölf Jahre und wurden danach verlängert. Es wurde häufig zur Gewohnheit, dass nach dem Ableben eines Lehnsnehmers (Bauern) das Lehen (Leihgut) an den Sohn überging und also in der Familie blieb. Daraus entwickelte sich das sogenannte Anerbenrecht.

Die eben genannten Verträge zwischen Grundherr und einem Lehnsnehmer (Bauern) wurden in der Regel in Form eines sogenannten Meier-Briefes ausgefertigt. Derjenige, der nun ein Leihgut zu verwalten und zu bearbeiten hatte, war ein Meier. Dieser Begriff, der noch aus fränkischer Zeit stammt, war also ein Begriff aus dem Vertragsrecht, das zwischen dem Grundherrn und dem, der ein Leihgut übernommen hatte, bestand. Es gewährte dem Bauern Rechtssicherheit und sicherte ihm und seiner Familie die Existenz.

Ursprünglich aber war das Etikett Meier an ein anderes Verständnis geknüpft. Der Meier war der Erste in einer Bauernschaft oder einem Ort. Er hatte in etwa die Funktion eines Vorstehers. Diese Aufgabenstellung lässt sich auch aus dem Wort selbst erschließen. Meier kommt aus dem Lateinischen und ist abgeleitet von maior, was soviel bedeutet wie der Größere, auch hoch oder der Höhere, der höher Stehende.

Diese Funktion eines Vorstehers aber hat sich im Laufe der Zeit von dem Wort Meier gelöst und wurde übertragen auf das Vertragsrecht, das die Verhältnisse zwischen Grundherrn und seinem Lehnsnehmer, seinem Meier, regelte. In einigen Gegenden des Fürstbistums Paderborn haben die Inhaber von Meierstätten die Bezeichnung Meier mit den allmählich entstehenden Nachnamen gekoppelt. Wir finden dies insbesondere jenseits der Egge im Raum Paderborn, im Delbrücker Land und in der Lippeniederung. Dort wurde zum Beispiel aus dem Inhaber eines Meierhofes, der mit Vornamen Hans hieß der Meier Hans oder Hansmeier.

Das Meierrecht ist sehr kompliziert und vielschichtig. Deshalb müssen die Aussagen dazu an dieser Stelle auf einige wesentliche Fakten beschränkt bleiben, die zum Verständnis der nachfolgenden Darlegungen wichtig sind. Dazu gehören auch einige Unterscheidungen innerhalb des Meierrechts, die, wie wir noch sehen werden, bedeutsam sind.

Es gab Meier, die besitzrechtlich von einem Grundherrn abhängig waren und auch der Abgabenpflicht unterlagen. Aber persönlich waren sie freie Menschen, Menschen also, die nicht mit ihrem Leib und Leben Besitztum des Grundherren waren; kurzum: Sie waren keine Leibeigenen. Es gab aber auch Meier, die diesen Meiern besitzrechtlich gleichgestellt waren, aber keine volle persönliche Freiheit genossen. Sie waren an den Boden, den sie bearbeiteten, gebunden und durften ihn nicht verlassen.

Auch die Angehörigen eines solchen Meiers waren nicht völlig frei. Sie unterstanden beispielsweise dem Gesindezwang, was besagte dass sie eine gewisse Zeit auf dem Hofe oder im Hause des Grundherrn arbeiten mussten - ohne Lohn; nur Kost und Bekleidung in beschränktem Maße standen ihnen zu. Diese Menschen nannte man von ihrem Status her Eigenbehörige. Wollte der oder die Eigenbehörige heiraten, war die Einwilligung des Grundherren erforderlich. kompliziert wurde es, wie wir noch sehen werden, wenn eine Eigenbehörige einen Freien heiraten wollte. Dann musste sich die (oder der) Eigenbehörige aus ihrer Abhängigkeit freikaufen.

Wichtig zu wissen ist, dass es aber im Fürstbistum Paderborn, einem geistlichen Fürstentum, nicht die Leibeigenschaft im ausgeprägten Sinne gab. Leibeigene waren in gewisser Weise so unmenschlich es sich für uns Menschen der Moderne auch anhört „Sachen“, mit denen Grundherren willkürlich verfahren konnten. Das gab es - gottlob - in unserer Region nicht.

Dennoch: Die Menschen, die mit einem Bauerngut belehnt waren, hatten Abgaben zu leisten, ob nun persönlich frei oder nicht. Abgaben waren zu entrichten an den Grundherrn, an die Kirche, an den Landvogt, in unserem Falle an den Landvogt in Peckelsheim, eventuell an das Domkapitel in Paderborn oder auch an das Oberamt in Dringenberg, von dem aus der „Oberwaldische District“, zu dem wir gehörten, verwaltet wurde. Die Abgaben an letztere wurden ebenfalls vom Landvogt eingezogen, der sie weitergab.

Außerdem hatten die Meier nach einem ausgeklügelten Plan noch Hand- und Spanndienste an einigen Tagen im Jahr zu absolvieren. Sie mussten also auf dem Hof oder den Feldern des Grundherrn für einige Tage im Jahr, mit oder ohne Pferdegespann, unentgeltlich arbeiten. Die Art der Arbeit und die Zahl der Tage war je nach Größe des Meiergutes genau festgelegt. Wohnten die Grundherren weit entfernt, wie bei den Gegebenheiten unseres Ortes der Fall, dann mussten diese Dienste, die aus zeitlich-organisatorischen Gründen nicht geleistet werden konnten, über erhöhte Abgaben ausgeglichen werden.

Es war ein großer Vorteil wenn der oder die Grundherren, beispielsweise ein Adliger, nicht am Ort ihren Sitz hatten. Sie konnten dann das Dorf in einem übertragenen Sinne gesprochen, nicht „in den Griff nehmen“. Eissen war in dieser Hinsicht gut dran.

Die eben geschilderten Verhältnisse änderten sich erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Durch die preußischen Reformen - zeitweise auch durch die Veränderungen in der Franzosenzeit - wurden die abhängigen Bauern freie Bauern, denen der Grund und Boden zu eigen gehörte. Aber auch diese sogenannte Bauernbefreiung vollzog sich unter großen Schwierigkeiten und Verwerfungen, die hier nicht weiter dargelegt werden können.

Grundherrschaft in Eissen und seiner Feldflur

War eben häufiger von Grundherren die Rede, denen das Land gehörte, so muss die Frage aufkommen. Wer übte denn Grundherrschaft in Eissen und seinem Umfeld aus? Grundherren konnten sein: Adlige (im Fürstbistum Paderborn auch häufig „Ritter“ genannt), Klöster, und, zwar Männer- wie Frauenklöster, adlige Damenstifte oder auch Mitglieder des Domkapitels. Was aber waren adlige Damenstifte? In ihnen lebten unverheiratete junge oder ältere Frauen aus den Adelshäusern, die (noch) nicht geheiratet hatten. Sie lebten in einer klosterähnlichen Gemeinschaft mit einem genau geregelten Tagesablauf unter der Leitung einer Äbtissin. Der Unterschied zum klösterlichen Leben im üblichen Sinne bestand darin, dass die Insassin eines adligen Damenstiftes ihr Privatvermögen behielt und das Stift auch wieder verlassen konnte. Das geschah vor allem dann, wenn eine der Damen heiratete. Ein Teil ihres Vermögens aber blieb beim Damenstift und ging in dessen Eigentum über, auch Landbesitz. In Eissen war, wie wir noch sehen werden, das adlige Damenstift Neuenheerse begütert. Wir sehen, Grundherren konnten auch Damen sein.

Wer nun hatte die grundherrlichen Rechte in Eissen und seiner Feldflur im Mittelalter und der frühen Neuzeit? Da wird ein ganzes Bündel der unterschiedlichsten Gruppen von Personen und Institutionen zu nennen sein. Die grundherrlichen Rechte teilten sich - und hier können nur die wichtigsten Eigentümer genannt werden - das Domkapitel zu Paderborn und aus diesem ist wieder der Dompropst zu nennen, der aber seine Rechte dem Domkämmerer abtritt. Weiter sind zu nennen die Klöster Hardehausen, Willebadessen, Marienmünster, das adlige Damenstift Neuenheerse, das Busdorfstift (Männerkongregation). Aber auch Adlige gehörten zu den Grundherren, Hier wären die schon erwähnten Grafen zu Northeim und die Grafen von Pyrmont festzuhalten.

Aldorpsen - ein Rittersitz

Bevor wir uns den ferneren Besitzern zuwenden, sollten. wir uns mit dem nahe gelegenen Aldorpsen beschäftigen, das, auch heute noch zu Eissen gehörend, mit unserem Ort und seiner Feldflur eng verknüpft ist. In geschichtlichen Quellen begegnet uns dieser Gutshof als Althorpissen, Altenthorpessen und auch als Altdorpsen, was soviel wie altes Dorf heißt. Offensichtlich hängt dieses mit dem ehemaligen Kirchdorf Sunrike (Sünnerk) zusammen und meint soviel wie altes Dorf im Bereich des Riesenbesitzes und der Flur von Sünderich bzw. Sunrike. Das Gut Aldorpsen war das dominierende Gehöft im alten Dorf.

Ursprünglich gehörte der Besitz Aldorpsen einer Ministerialienfamilie. Das bedeutet: Das Gut war einem engen, verdienten Mitarbeiter, einem bedeutenden Vertrauten des Bischofs für seine Verdienste als Lehen überlassen worden (Minister, Ministerialer = Diener). Aus den Ministerialen entwickelte sich der Ritterstand des Fürstbistums Paderborn. Das Gut wurde zeitweise weiter verlehnt an die Grafen von Waldeck, an den Baron von Kalenberg und gelangte schließlich in die Hände der Desenberger Linie derer von Spiegel.

Im Jahr l487 wird beurkundet, dass der Knappe Gerd Spiegel tom (zum) Desenberg vom Abt in Corvey zwei Huben (Hufen) Landes zu Eissen als Mannlehen (durfte nur an männliche Nachkommenschaft vererbt werden) erhalten hat. Es mag sein, dass dieser Besitz ehemals zum Corveyer Klosterhof in Eissen gehört hat (s. Frühe Geschichte). Uns ist auch bekannt, dass dem Spiegel zum Desenberg die niedere Gerichtsbarkeit über Aldorpsen zustand. Dieses bedeutet, dass einfache Delikte von ihm geklärt und abgeurteilt wurden. Schwere Verbrechen, wie etwa die Tötung eines Menschen, waren ohnehin nur beim bischöflichen Gericht zu verhandeln. Nur dort konnte auch ein Todesurteil verhängt werden (Blutgerichtsbarkeit).

Einen Streit gab es Ende des 17. Jahrhunderts zwischen der Richterei Borgentreich (eine Art Amtsbezirk wie die Landvogtei Peckelsheim) und dem Landvogt in Peckelsheim wegen der Zuständigkeit um die Feldjurisdiktion (Feldgerichtsbarkeit). Die Entscheidung ging zugunsten Borgentreich aus. Zur Feldgerichtsbarkeit gehörte die Befugnis, Grenzstreitigkeiten zu regeln, sofern man sich über Ackergrenzen nicht einigen konnte. Auch der Feldfrevel gehörte dazu, was das unberechtigte Abernten von Feldern anging, den Diebstahl von Feldfrüchten, aber auch das zu frühe Abernten stand unter Strafe. Zur Überwachung der Fluren waren eigens Feldhüter eingestellt.

Klöster und Stifte als Grundherren

Grundherrschaft übte vor allem auch das Zisterzienserkloster Hardehausen aus. Vom Besitz dieses Klosters im Bereich Eissen sind uns einige Fakten bekannt. Die Äbtissin Ermengard vom adligen Damenstift Heerse (Neuenheerse) überlässt im Juni 1211 dem Kloster in der Egge ein Eigentum in Eissen. Im Jahre 1282 ist es die Stadt Volkmarsen, die auf Besitz in „Eisen“ zugunsten des Klosters verzichtet. Johannes de Eysen, der aber Bürger in Warburg ist, verkauft im Oktober l312 Land, das beim „Stubich-Wald“ liegt, an die Hardehausener. Johannes von bzw. aus Eissen war als städtischer Bürger ein freier Mann, dem offensichtlich Besitz zu eigen war, über den er frei verfügen konnte. Aber auch die Grafen von Pyrmont (s.o.) veräußerten im Juli 1314 ihr Eigentum, eine curie (einen Hof) in ,,Eysen'', an die Zisterziensermönche.

Einige Male wurde bereits das adlige Damenstift Neuenheerse genannt. Die Damen zu Neuenheerse konnten einen riesigen Grundbesitz ihr eigen nennen, der sich im weiten Umkreis des Stiftes auf 5.000 bis 6.OOO Morgen belief. Insgesamt hatten Sie mit 159 Meiern Verträge auf jeweils 12 Jahre (S.O.) abgeschlossen, so auch in Eissen.

Es war genau festgelegt, was an Abgaben jährlich zu leisten war. Einige Scheffel Korn gehörten immer dazu. Die Zahl der Scheffelabgaben richtete sich nach den Bodenverhältnissen, die abgeschätzt wurden. Gelegentlich einigten sich Meier und Stift stattdessen auf die einfacher zu handhabende Geldabgabe. Dann entfiel der Transport des sogenannten Heuerkorns nach Neuenheerse. Lieferten aber die Meier die Abgaben ganz oder teilweise als Naturprodukt ab, dann erhielten sie in Heerse eine Mahlzeit, bestehend aus Suppe, Gemüse, Fleisch Butter, Brot und Bier, „soviel sie trinken wollen“ (!). Es ist aber anzunehmen, dass es sich um ein Schwachbier handelte...

Erfüllten die dienstpflichtigen Meier ihre Aufgabe, Hand- und Spanndienste für das Stift zu absolvieren, dann erhielten Sie des Morgens ein Glas Branntwein und ein Stück Brot, des Mittags ebenfalls das, was die genannten Ablieferer erhielten und nachmittags nochmals Bier oder ein Glas Branntwein. Die Zahl der Tage, an denen diese Dienste verrichtet werden mussten, waren in der Regel mit fünf festgesetzt. Für die Eissener Meier werden Hand- und Spanndienste wegen der Entfernung zum Ort Neuenheerse kaum in Frage gekommen sein. Vermutlich wurden dafür zusätzliche Abgaben erhoben.

Zum Besitz Neuenheerses gehörte auch ein Hof zu Eissen, den Konrad von Roden 1313 dem Stift verkaufte. Es heißt, der Hof (die landwirtschaftliche Nutzfläche) sei gelegen in und buten dem Dorfe Eyssen.

Blicken wir jetzt auf einen anderen Grundherren, der in Eissen begütert war, schauen zur Benediktinerabtei Marienmünster hinüber. Wir erfahren, dass der Abt Heinrich von Marienmünster im Oktober 1284 dem Mindener Kanonikus Bernhard (der Kanoniker, ein Geistlicher, gehörte dem Mindener Domkapitel an) eine curie (einen Hof) in „Eysen“ vermachte. Der Kanoniker hatte eine fromme Stiftung gegründet, in die dieser Hof Eingang fand.

Im Jahre 1290 erweisen sich die Brüder Adolf und Albert aus dem Adelsgeschlecht der Schwalenberger gegenüber dem Kloster als Wohltäter und schenken diesem Besitz in „Eisne“ und Umgebung. Daraus können wir schließen, dass auch die Schwalenberger in Eissen Besitz hatten. Besitzungen in Eissen und seinem Umfeld hatten auch die Benediktinerinnen des Klosters Willebadessen.

Pro Mann eine Micke Brot und eine Kanne Bier

Um 1400 legt das Kloster fest, dass die „Zinsgefälle aus [...] Eissen [..] von den Prästantiariern (= diejenigen, die eine pflichtgemäße Abgabe leisten müssen) zwischen Martini und Weihnachten auf den Boden zu Willebadessen abgeliefert und mit einem Willebadesser Scheffel gemessen werden“. Wieviel das Hohlmaß Willebadesser Scheffel fasst, wissen wir nicht. Die untere Grenze waren 30 Pfund.

Weiterhin wird vom Kloster folgendes festgelegt: Bei der Belieferung erhalten die Abgabenpflichtigen hergebrachter Maßen (wie immer schon üblich) und zwar diejenigen aus [...] Eissen [...] pro Mann eine Micke (= ein Kanten Brot), ein Stück Wurst oder Fleisch, eine Portion Gemüse aus dem Leute-Topf und eine Kanne Bier und werden auf jeden Wagen zwei Mann gerechnet“. Aufschlussreich ist die Tatsache, dass es sich um ein Essen aus dem Leute-Topf handelt. Damit ist die Verpflegung für die Bediensteten des Klosters gemeint, also nicht die, die für die Angehörigen des Konvents (Schwestern) zubereitet und gereicht wurde. Außerdem ist die Beschränkung der Personen je Wagen zu beachten. Es darf angenommen werden, dass ansonsten wegen der zu erwartenden Verpflegung sich eine Vielzahl von Mitfahrern auf jedem Wagen befanden. Dem wurde ein Riegel vorgeschoben.

Die am weitesten von Eissen entfernt liegende Institution (von adligen Einzelpersonen also abgesehen), die in der hiesigen Feldflur Besitz hatte, war das Busdorfstift in Paderborn. Es handelte sich dabei um ein sogenanntes Kollegiatstift, das mit Kanonikern besetzt war, also eine Vereinigung von Geistlichen, die in unterschiedlichen Funktionen Am Sitz des Bischofs und darüber hinaus eingesetzt wurden. Bischof Ferdinand von Fürstenberg verlieh 1681 dem Busdorfer Dekan (= ein Kanoniker, der Vorsteherfunktion ausübte) ein Beneficum (= Vergünstigung, Wohltat, eine Einkunftsquelle) in der Warburger Altstadt, das aus Einkünften aus Eissen und anderen Orten bestand.

Außer dieser Liegenschaft hatte das Busdorfstift noch andere Besitzungen im Eissener Umfeld. Über die Größe ist Konkretes nicht bekannt. Wir wissen aber, dass aus einer „Meierstatt“ aus Eissen dem Stift ein „stabiles Getreidegefälle“ zustand, was bedeutet, dass zu festgelegten (stabilen) Zeiten im Jahr diese Abgabe zu erfolgen hatte. Wegen der Entfernung nach Paderborn wird diese beim Landvogt in Peckelsheim zu entrichten gewesen sein, der auf vertraglicher Basis diese Dienstleistung für das Stift übernahm – nicht unentgeltlich. Wie es den Anschein hat, war der Besitz des Stiftes nicht sehr umfangreich und möglicherweise noch an unterschiedlichen Stellen der Feldflur gelegen. Es mag auch sein, dass diese Parzellen von unterschiedlichen „Pächtern“ bearbeitet wurden. In solchen Fällen bediente sich der Grundherr, hier das Busdorfstift, eines „Vertrauten“, eines Meiers, mit dem ein Vertrag in Form eines Meierbriefes abgeschlossen worden war. Der Meier beaufsichtigte die Liegenschaften und die Tätigkeit der dort verantwortlichen „Pächter“. Mit einem Fachwort wird dieses als „Villikationssystem“ benannt. Der Meier war auch zuständig für die korrekte Überstellung der sogenannten Gefälle, der Abgaben.

Was war abzuliefern? Eine festgelegte Menge an Weizen, Roggen, Gerste und Hafer. Am Feste des Hl Thomas 3 Mark generell, zu Ostern ein Lamm und 100 Eier, Libori ein Widder, dreimal je drei Schillinge, wenn der Propst des Stiftes im Ort seinen Send hielt (= nach dem Rechten sah; etwas allgemein formuliert).

Von einer weiteren Abgabe, eher als Steuer zu bezeichnen, ist noch zu berichten, die alle betraf, die entweder Eigenbesitz hatten oder ein Leihgut bewirtschafteten, überhaupt diejenigen, die etwas produzierten. Sie hatten an das Oberamt Dringenberg, von wo aus der Oberwaldische Distrikt verwaltet wurde, eine „Bede“ abzuliefern und zwar in Geldwährung. In Bede steckt das hochdeutsche Wort Bitte. Es handelt sich um eine Abgabe, die ursprünglich vom Landesherrn bzw. seinen Beauftragten erbeten wurde, aber sehr bald als eine Art Vermögenssteuer regelmäßig zu entrichten war.
Bezogen auf unseren Fall wird uns aus dem Jahre 1461 von einer Maibede und einer Herbstbede berichtet, was bedeutet, dass diese Steuer zweimal im Jahr erhoben wurde. Sie diente unter anderem dazu, die Richter und Schöffen zu entlohnen, wenn sie „zum Schonlau“ Gericht hielten. Gemeint ist der Gerichtsort, wo heute bei Dringenberg die Schonlaukapelle steht.

Heiratshindernis: Die Fälle Elisabeth Engemann und Ferdinand Ellermann

Zu Beginn dieses Kapitels haben wir schon von einem unterschiedlichen persönlichen Status der Menschen im Mittelalter gehört, der sich bis in die Neuzeit hinein hielt. Schauen wir uns zwei Fälle an, die von Personen handeln, welche in Eissen beheimatet waren. Zunächst geht es um die Eigenbehörige Elisabeth Engemann. Sie war, wie es für viele Personen zutraf, nicht in allen Lebensumständen, die sie berührten, frei und unabhängig. Am 18. November 1802 wendet sie sich an den Landvogt zu Peckelsheim und trägt vor, dass ihr durch die Heirat mit einem freien Menschen ihr zukünftiges Glück und Wohl bevorstehe, woran ihr aber das auf ihr ruhende Leibeigentum hinderlich sei. Wir erinnern uns: Leibeigenschaft im eigentlichen Sinne gab es im Fürstbistum Paderborn nicht, wenn man so will, eher eine eingeschränkte, die man Eigenbehörigkeit nannte.

Um einen Freibrief bittet am 20. Mai 1798 ein Ferdinand Ellermann, der Eigenbehöriger seiner fürstlichen Gnaden ist und die freie Wittib (Witwe) Maria Elisabeth Niews, geb. Rotkamp, in Natzungen heiraten möchte, wenn er einen lösenden Freibrief von dem Leibeigentum aufweisen wird, denn in Natzungen wird anderst keiner geduldet. Wir sehen also, dass über die Schranken des persönlichen Status hinaus, der einem Menschen fest anhaftete, eine eheliche Bindung nicht eingegangen werden konnte.

Eine Befreiung aus der Eigenbehörigkeit wurde in der Regel gewährt. Kosten waren damit aber auch verbunden. Im Falle des Ferdinand Ellermann ist sogar festzustellen, dass die Gesellschaftsschicht der Freien eines Dorfes einen Unfreien in ihren Reihen offensichtlich nicht dulden wollte.

Beschaffenheit der Hausdächer und Brandgefahr

Wenden wir uns noch einem anderen dörflichen Problem vergangener Zeiten zu. Hier geht es aber um ein Anliegen, das über Standesschranken hinaus relevant war. Noch im Jahr 1802, kurz bevor Preußen das Fürstbistum Paderborn übernahm, war in der gesamten Region die Mehrzahl der Häuser in den Dörfern noch mit Stroh- oder Schindeldächern aus Holz gedeckt. Die Umstellung auf Ziegeldächer wurde als sehr wichtig im Sinn der Brandverhütung erkannt. Schon in einer Landesverordnung von 1780 wurde denjenigen, die ihr Haus mit einem Ziegeldach versehen würden, ein Jahr Schatzfreiheit in Aussicht gestellt. Dieses besagte, dass bestimmte Geldabgaben erlassen wurden.

In Eissen waren 1802 nur sechs Häuser mit Ziegeln, aber 76 mit Stroh und Schindeln gedeckt. Das sind rund 92 Prozent aller Häuser, die nicht mit Ziegeln ausgestattet sind. In unseren Nachbarorten war die Situation in etwa die gleiche.

Betrachten wir abschließend die Inhalte dieses Kapitels, dann sollten wir erkennen, dass es nicht in erster Linie um Daten und Jahreszahlen geht. Die aufgeführten Fakten sollen vielmehr einen Einblick in die Lebens- und Arbeitswelt unserer Vorfahren geben. Auch wenn wir – aus unserer Sicht heute – hier und da widrige Lebensumstände erkennen, so dürfen wir annehmen, dass zum Dasein der Menschen in ihrer Zeit auch Freude und Wohlergehe, wenn auch in bescheidener Form, gehörten. Auch sie genossen Fest- und Feiertage, ohne großen äußeren Aufwand. Sie wussten die kleinen Freuden des Alltags sehr wohl zu schätzen.

Manches erscheint uns Menschen des 21. Jahrhunderts widersinnig, bedrückend und sogar erniedrigend. Es wäre aber im Sinne einer unvoreingenommenen Geschichtsbetrachtung falsch, würden wir unsere Maßstäbe anlege. Im übrigen: In einem Geistlichen Fürstentum waren die Lebensumstände vergleichsweise günstig. Die Abgaben etwa waren deutlich niedriger als in weltlichen Herrschaftsgebieten und die persönliche Unfreiheit, von der wir hörten, wies eher milde Züge auf.