Nach dem dreißigjährigen Krieg stellten die meisten Landesherren zum Schutze ihres Territoriums in der Regel eine feste Formation von Soldaten auf (ein oder mehrere Regimenter oder gar ein Heer). Die Schützen als Heimwehr wurden als Landesverteidiger immer entbehrlicher. Sie verschwanden aber keineswegs - stattdessen änderte sich ihr Aufgabenbereich. Im Fürstbistum Paderborn wurden die Schützen gern von der Obrigkeit zu Aufgaben polizeilicher Art herangezogen. Zur Vagabundenjagd wie man es nannte, zur Gefangenenaufsicht und zum Schutz der Fluren und Felder (Flurschutz). In unruhigen Zeiten wurden sie gegen Bezahlung auch zur Begleitung reicher Kaufleute, reisenden „hohen Herren“ und zu Ehrenwachen abgestellt.

Die karitative und soziale Komponente nahm im Leben der Schützen einen immer breiteren Raum ein. Das so genannte „Leichentragen“, nicht nur für die eigenen verstorbenen Mitglieder, sondern oft auch für die Toten der ganzen Gemeinde, war eine ihrer Aufgaben. Das Eintreten für den Nächsten, das die Bruderschaften sich zum Ziel gesetzt hatten, bezog sich auch auf die Fürsorge gegenüber den Armen. Eine ausgeprägte Hinwendung der Schützenvereinigungen zu gemeinnützig-karitativer Tätigkeit setzte sich immer mehr durch.

Zur Bestätigung der vorliegenden Ausführungen wird nachfolgend beispielhaft eine Bestimmung aus einem alten Schützenbrief (heute: Schützensatzung) zitiert:

Wenn eines aus der Bruderschaft verstirbt, es sey Mann oder Frau, so sollen die Lebendigen den Toten mit ihren besten Kleidern zur Erde bestatten helfen, und ein Jeder von seinem eigenen Gelde ein Opfer thuen, bei drey Schilling Strafe; es seí denn, er bringe erhebliche Ursachen herfür, warum er nìcht kommen können.

Herausgehobene Stellung, strenge Maßstäbe

Schützen hatten nicht nur eine Verantwortung, sondern auch eine herausgehobene Position innerhalb der ländlichen Gesellschaft. Entsprechend anspruchsvoll und streng waren die Anforderungen, die an Mitglieder gestellt wurden. Wer in die Gemeinschaft der Schützen aufgenommen werden wollte, musste einen untadeligen Ruf haben.

Festgelegt war auch, dass die in dieser Schützenbruderschaft einverleibte Männere und Brüdere sich unter einander freunt-nachbarlich zu lieben, zu ehren schuldig seyn sollen. Und weiter: Wann unter den Schützen sollte gefunden werden, es sey Mann oder Frau, die gescholten werden, sollten aus der Bruderschaft bleiben, bis sie sich vor der Obrigkeit vertragen.

Festgelegt war auch der Umgang miteinander. Welcher unter der Schützen-Bruderschaft einigen unlust mit Worten und Werken verursachen würde soll drey Schilling der Schützen Bruderschaft zu geben verbunden sein.

Überhaupt konnten nur Männer von gutem Ruf und Lebenswandel Mitglied werden. So heißt es: ...keiner sollte als Schützenbruder angesetzt werden, er wäre denn guteß gemüteß und hette mit seiner frawen (Frau) einen aufrichtigen Wandell geführet. Kurz: Die Schützengesellschaft sollte aus ehrlichen und ohntadelhaften Personen bestehen.

Ebenfalls strenge Regeln galten für das Feiern der Feste. Man sah sehr streng auf einen bestimmten Ordnungsrahmen. Da heißt es unter anderem:

  • Wenn ein Schützenbruder mehr Bier vergießt, als man mit der Hand oder dem Fuß bedecken kann, so zahlt er 6 Pfennig Strafe.
  • Keiner darf einen Fremden in die Gesellschaft bringen; wer es ohne Bewilligung der Oberen tut, wird mit 6 Schilling bestraft.
  • Trinkgefäße, die bei einer Zusammenkunft verwendet werden, gehörten grundsätzlich der Bruderschaft. Folglich heißt es: wer ein Trinkglas mit sich nach Hause nimmt, soll 7 Schilling Strafe zahlen.
  • Beim Schützenfest muß Abends um 9 Uhr das Schützenhaus geräumt werden; wer sich widersetzt, zahlt 7 Schilling Strafe.
  • Wer flucht und Gott und die Heiligen verunehrt, 7 Schilling Strafe, wer ein scharfgeladenes Gewehr mit in die Gesellschaft bringt, desgl.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Schützenwesen entsprechend seiner bedeutsamen Position auf die Erhaltung des Ansehens in der Öffentlichkeit und auch auf die Erhaltung gültiger Werte als Klammer eines gedeihlichen Zusammenlebens bedacht war.


Literatur

  • Helmut Müller: Preußen und das westfälische Schützenwesen zu Anfang des 19. Jahrhunderts in „Heimatpflege in Westfalen“, 5/2000
  • A. Mönks: Das Schützenwesen im Paderborner Lande in „Die Warte“; 1933 Heft 7
  • Schützengeschichte in Westfalen und Lippe; Herausgeber: Westfälischer Schützenbund, 1961